Schwarze Schäfchen rote Socken und der goldene Westen
Inhalt
Witzige, ironische, bissige, komische, spöttische und mit einem Augenzwinkern erzählte Episoden aus dem Alltag im geteilten Deutschland. Zielgruppe des vorstehenden Werkes sind alle Ostdeutschen, die noch lebhafte Erinnerungen an die Zustände in der damaligen DDR haben. Aber auch zahlreiche Westdeutsche können die Adressaten des Buches sein. Machten doch viele von ihnen, bei welcher Gelegenheit auch immer, ihre ureigensten Erfahrungen mit der DDR. Dem Autor liegt nichts ferner, als eine nostalgische Verklärung des Mauerstaates. Auch soll keine Vergangenheitsbewältigung betrieben werden. Satire und Humor sind der rote Faden für diesen bunten Reigen von Geschichten. Diese spielen zunächst überwiegend im damaligen Osten, beschreiben jedoch in der weiteren Folge lebhaft die zahlreichen Verbindungen und Begegnungen von West nach Ost und Ost nach West. Daraus ergeben sich eine Fülle von Verwicklungen und schicksalhaften Verknotungen, die äußerst skurrile Resultate zeitigen können. Die Ursache für den manchmal unfreiwilligen Humor ist die die völlig aberwitzige Gegensätzlichkeit der beiden deutschen Teilstaaten. Der groteske Widerspruch beim Aufeinanderprallen von Hotdog und Kettwurst, Käfer und Trabbi, Brathähnchen und Gold Broiler, Coca-Cola und Vita Cola, Selterswasser und Selterwasser, Jeans und FDJ-Hemd, den Beatles und Walter Ulbricht, führt zu Erlebnissen, wie sie ausschließlich zur damaligen Zeit geschehen konnten.
Über den Autor
Der Autor ist ein "Experte" in Ost-West-Fragen. Er ist ein waschechter "Wossi". Nicht zu verwechseln mit "Ossi" oder gar "Wessi!" Geboren wurde Franz Hoeß 1948 in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und zwar in Ost-Sachsen. 1949 wurde er, im zarten Alter von einem Jahr, Bürger der Deutschen Demokratischen Republik. Leider gehörte er von Anbeginn nicht zur herrschenden Arbeiter- und Bauernklasse. Sein Vater war Handwerker und gehörte somit der zum Aussterben verurteilten Bourgeoisie an. Trotz dieses Geburtsfehlers gelang es ihm eine Berufsausbildung (Betonbauer) erfolgreich abzuschließen und gleichzeitig ein allgemeinbildendes Abitur (1967) zu erlangen. Seiner rückwärtsgewandten ewig gestrigen Gesinnung gemäß, begann er zum Leidwesen des örtlichen Parteisekretärs, in Leipzig Evangelische Theologie zu studieren. Weil er sich im Paradies aller Werktätigen immer weniger wohl fühlte, machte er sich auf die Flucht in den "goldenen" Westen (1971). Mit einem dreimonatigen Zwischenaufenthalt zum Studium einer rumänischen Gefängniszelle, gelang es ihm schließlich doch, mit mehr Glück als Verstand, durch den Eisernen Vorhang zu schlüpfen und in die Bundesrepublik Deutschland zu kommen. Zunächst setzte er sein Theologiestudium in Basel fort, später in Heidelberg, wo er auch das erste und zweite Theologische Examen absolvierte. 1976 wurde er zum Pfarrer der Evangelischen Landeskirche in Baden ordiniert. Sein gesamtes Berufsleben verbrachte er im Schuldienst als Religionslehrer. Eine der Voraussetzungen für das vorliegende Buch, waren die über Jahrzehnte hinweg, stets wiederkehrenden Besuche bei seinen Eltern in der alten Heimat. Daraus ergab sich ein ganz eigener Blickwinkel auf das Miteinander und Gegeneinander von Ost und West.
Leseprobe Schwarze Schäfchen.....
Zwölfte Erzählung
Wo stand die Wiege der Kindheit
...Unverbesserliche Revanchisten, allen voran die Springer-Presse aus Hamburg, nannten das Land des real existierenden Sozialismus abschätzig Ostzone. Und in der Tat, mit nichts konnte man die Offiziellen der DDR und auch die überzeugten DDR-Bürger so sehr ärgern, wie mit dieser für sie geradezu schändlichen Bezeichnung. Machte doch das Wort Ostzone in geradezu brutaler Weise klar, dass es sich hierbei nicht um einen selbstständigen oder gar souveränen Staat handelte, sondern eben nur um eine Zone. Innerhalb dieser Zone war es allerdings ziemlich gefährlich, von einer solchen zu sprechen. Seinerzeit brachte damit der aufsässige Betonbauerlehrling Stefan zunächst den Obergenossen auf dem Einwohnermeldeamt zur Weißglut und in der weiteren Folge sich selbst hinter Gitter. Wie hatte so etwas passieren können?
Die Sache an sich begann recht harmlos. Das heißt sie begann mit einem Formular, auf dem personenbezogene Daten erfragt wurden. Also, Name, Geburtsdatum usw. Wahrheitsgemäß trug Stefan sein Geburtsdatum, 22. Oktober 1947, ein. Ort der Geburt: Bautzen. In welchem Land? Stefan schrieb in die betreffende Spalte: SBZ. Der Genosse Sachbearbeiter überflog das ausgefüllte Papier. Bei dem Kürzel SBZ stutzte er und legte seine Stirn in Falten. Was das denn heißen solle, SBZ? Stefan blieb bei der Wahrheit und erklärte seinem Gegenüber geduldig, dass sich hinter dem Kürzel SBZ, die damalige Sowjetische Besatzungszone verbergen würde. Dem Mann hinter dem Schreibtisch schien es die Sprache zu verschlagen. Er lief rot an und rang nach Luft. Aber noch beherrschte er sich. Er gab Stefan ein neues Formular und fragte ihn, in welchem Land er sich jetzt und hier befände? Da der junge Mann es nicht auf die Spitze treiben wollte, gab er zu, sich in der DDR zu befinden. Auf den Zusatz „in der so genannten“, verzichtete er wohlweislich und aus gutem Grund. „Na also!“ Der Genosse beruhigte und entspannte sich. „Wir sind in der DDR und das kommt selbstverständlich auch so in den Fragebogen, damit das klar ist!“ Stefan tat, als ob er nicht richtig verstehen würde: „Aber, als ich geboren wurde, gab es doch die DDR noch gar nicht. Es wäre doch falsch, wenn ich das eintragen würde, oder?“ Die Adern an den Schläfen des Genossen schwollen sichtbar an. „Du bist auf dem Territorium geboren, auf dem 1949 die DDR gegründet worden ist. Das trägst du jetzt gefälligst in das Formular ein, verdammt noch mal!!“ Stefan versuchte zu argumentieren: „Meine Oma ist 1887 in Straßburg geboren. Das liegt heute in Frankreich. Damals lag diese Stadt in Deutschland. Und so steht es auch in ihrer Geburtsurkunde. Und deshalb muss ich richtigerweise in das Formul……“ Die weitere Argumentationskette Stefan`s ging in einem lautstarken Toben des Genossen Sachbearbeiter unter.
Diese Begebenheit hatte böse Konsequenzen, denn nunmehr war die Stasi auf das unbotmäßige „Element“ Stefan S. aufmerksam geworden. Die Firma „Horch, Guck und Greif“ (Umgangssprachlich für den Staatssicherheitsdienst der DDR) beobachtete fortan sorgfältig seine hetzerische Wühltätigkeit gegen den Sozialismus.....